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Verhaltenskodex Steuern 2021

Präambel

Die schweizerische Steuerrechtspraxis ist geprägt von einem respektvollen Umgang zwischen den steuerpflichtigen Personen, den Steuervertretungen und den Steuerverwaltungen. Zu diesem respektvollen Umgang gehören ein offener und sachbezogener Austausch zwischen den beteiligten Parteien. Deshalb halten die Eidg. Steuerverwaltung (ESTV), die Schweizerische Steuerkonferenz (SSK) sowie EXPERTsuisse zusammen mit dem IFF-HSG als Wissenschaftspartner Grundsätze und Verhaltensregeln schriftlich in Form eines Verhaltenskodex fest. Der Verhaltenskodex soll eine effiziente Anwendung der gesetzlichen Vorgaben ermöglichen und das historisch gewachsene Vertrauensverhältnis zwischen steuerpflichtigen Personen, Steuervertretungen und Steuerverwaltungen nachhaltig stärken. Der «Verhaltenskodex Steuern» richtet sich im Sinne von Empfehlungen an professionell im Steuerbereich tätige Personen, insbesondere Mitarbeitende der Steuerverwaltungen, Steuervertretungen und Unternehmen. Je mehr Parteien sich zur Anwendung bekennen, desto effektiver ist dessen Wirksamkeit. Die gesetzlichen Vorgaben gehen dem Verhaltenskodex in jedem Fall vor.

1. Geltungsbereich

Der Verhaltenskodex richtet sich an professionell im Steuerbereich tätige Personen, insbesondere Mitarbeitende der Steuerverwaltungen, Steuervertretungen und Unternehmen.

2. Allgemeine Leitlinien

Menschen und Sachfragen voneinander getrennt behandeln
In Diskussionen und Verfahren keinen übertriebenen Formalismus zeigen
Unvoreingenommenheit im Urteil und im Handeln wahren
Gewährleisten, dass ein Dialog geführt werden kann

3. Verhalten in den einzelnen Verfahrensschritten

3.1 Allgemeine Verhaltensgrundsätze

  • Das Verhalten ist von gegenseitigem Respekt, Vertrauen und Fairness geprägt
    • Respektvoller Umgang und natürliches Vertrauen zwischen den Parteien. Damit weder ein überhebliches, noch ein unnötig freund- oder feindseliges Auftreten an den Tag legen
    • Offenlegung der verfolgten Interessen, keine «hidden agenda»; vollständige, offene, sachliche und transparente Information
    • Beidseitige seriöse Vorbereitung und von Sachund Fachkompetenz geprägte Diskussion über sowohl den Sachverhalt als auch die Auslegung und Anwendung von Gesetzesnormen
    • Keine unnötige Beanspruchung von Ressourcen der Steuerverwaltungen und der steuerpflichtigen Personen bzw. Steuervertretung (Verhältnismässigkeit und Effizienz, Aktenauflagen/Besprechungen nur sofern erforderlich)
    • Kein «Antwort-Shopping» bei mehreren Mitarbeitenden derselben Verwaltung
    • Offenlegung der bereits involvierten Behörden (Regulatoren, kantonale oder Bundessteuerbehörden) im In- und Ausland
    • Keine öffentliche Kritik an Mitarbeitenden von Steuerverwaltungen
    • Keine Stellungnahme seitens der Steuerverwaltung oder Steuervertretung zur Qualifikation/ Kompetenz von Mitarbeitenden der Steuerverwaltung bzw. Steuervertretung gegenüber der steuerpflichtigen Person oder Dritten (Neutralität)
  • Die andere Partei nicht unter ungebührenden Druck setzen und keine Drohungen aussprechen, insbesondere:
    • Keine unrealistischen Zeitvorgaben, sehr kurze Fristen nur in begründeten Einzelfällen
    • Organisatorische Zuständigkeiten respektieren
    • Keine Drohung mit Demarchen verwaltungsintern (Vorgesetzte, Geschäftsleitung, Departementsvorstand) oder verwaltungsextern(Aufsichtsbehörde, Parlament, Lobbying)
    • Keine Druckversuche mit wirtschaftlichen Konsequenzen (Weg- bzw. Umzug, Entlassungen usw.)
    • Keine Drohung mit trölerischer Prozessführung durch die steuerpflichtige Person bzw. Steuervertretung
    • Keine Drohung mit dem Ergreifen von Rechtsmitteln
  • Transparenz der Verwaltungspraxis sicherstellen
    • Systematische Publikation der allgemeingültigen Verwaltungspraxis
    • Sich an Verwaltungspraxis halten
    • Rechtzeitige Ankündigung und Publikation von Praxisänderungen, sofern sich diese nicht aus einschlägigen Gerichtsentscheiden ergeben
    • Keine Konzessionen an eine steuerpflichtige Person, die gegenüber der Steuervertretung der steuerpflichtigen Person nicht auch eingeräumt würden und umgekehrt (Transparenz und Gleichbehandlung)
  • Fristen
    • Behördlich angesetzte Fristen werden grundsätzlich einmalig ohne Begründungspflicht erstreckt. Keine systematischen Gesuche um Fristerstreckung
    • Dokumente, mit deren Eröffnung eine gesetzliche Frist ausgelöst wird, sind – soweit möglich und beeinflussbar – zu Zeiten zu versenden, die im Einzelfall für die steuerpflichtige Person bzw. Steuervertretung nicht zu wesentlichen Nachteilen führen. Dies gilt nicht für den Massenversand
    • Bemühen um eine zügige Bearbeitung der Dossiers seitens der Steuerverwaltung und der steuerpflichtigen Personen bzw. Steuervertretung (bspw. Nachreichung von Unterlagen)
  • Digitalisierung
    • Nutzung der vorhandenen Möglichkeiten zur digitalen Abwicklung der Verfahrensschritte

3.2 Steuererklärung im gemischten Verfahren

  • Vollständige, wahrheitsgemässe Deklaration (inkl. obligatorische Belege)
  • Möglichst frühzeitiges Einreichen der Steuererklärung
  • Nur die Übermittlung von relevanten Belegen einfordern
  • Einfacher, transparenter Steuererklärungsprozess
  • Akzeptanz von individuellen Beilagen, sofern die veranlagungsrelevanten Angaben nicht in den offiziellen Steuererklärungsformularen deklariert werden können

3.3 Veranlagung im gemischten Verfahren

  • Den steuerpflichtigen Personen bzw. Steuervertretungen angemessene Fristen bei der Anforderung von Dokumenten einräumen
  • Rasche und vollständige Lieferung von eingeforderten Unterlagen
  • Vollständige, wahrheitsgemässe Informationen
  • Transparente, einfache Darlegung des Veranlagungsergebnisses
  • Möglichst rasche Veranlagung

3.4 Steuervorbescheid (Steuerruling)

  • Aktuelles und praktisches Interesse an Steuervorbescheid für einen konkreten Sachverhalt, d. h. keine Anfrage für rein hypothetische (d. h. nicht konkret geplante) oder bereits realisierte Einzelsachverhalte
  • Vollständige, prägnante und auf die Fragen des vorliegenden Falles beschränkte Darstellung: alle Aspekte aufzeigen, die bei der steuerlichen Beurteilung zu berücksichtigen sind; die entscheidrelevanten Aspekte sind im Steuervorbescheid selbst und nicht nur in den Beilagen zu erwähnen
  • Die Sachverhaltsermittlung und -darstellung ist Aufgabe der steuerpflichtigen Person bzw. der Steuervertretung (keine Delegation an Steuerverwaltung)
  • Aufzeigen der massgeblichen (zivil- und steuerrechtlichen) Rechtsgrundlagen und rechtliche Würdigung des dargestellten Sachverhalts durch die steuerpflichtige Person oder Steuervertretung
  • Möglichst frühzeitige Mitteilung, falls Kündigung des Steuervorbescheides durch Steuerverwaltung in Erwägung gezogen wird
  • Nach bestem Wissen offenlegen, ob in anderen Steuerhoheiten bereits Steuervorbescheide vorliegen (inkl. Inhalt), Folgevorbescheide geplant sind oder ein gleicher Antrag unterbreitet worden ist
  • Für das Verfahren vor der Eidgenössischen Steuerverwaltung findet die jeweils gültige Mitteilung für Steuervorbescheide/Steuerrulings Anwendung (siehe Mitteilung-011-DVS- 2019-d vom 29. April 2019 – Formelles Verfahren für Steuervorbescheide/Steuerrulings in den Bereichen direkte Bundessteuer, Verrechnungssteuer und Stempelabgaben). Für den Bereich der MWST findet Art. 69 MWSTG Anwendung

3.5 Steuerprüfung

  • Gegenseitige Kooperationsbereitschaft und wahrheitsgetreue Information
  • Sauber aufgearbeitete Dokumentation einreichen / zur Verfügung stellen
  • Falls notwendig zusätzliche Informationen zur Verfügung stellen bzw. für Fragen zur Verfügung stehen
  • Möglichkeit zu den einzelnen Punkten bereits mündlich Stellung zu nehmen
  • Keine unverhältnismässigen Informationsanfragen

3.6 Steuerzahlung (direkte Steuern)

  • Möglichkeit einräumen, die von der Steuerverwaltung berechneten Akontozahlungen anpassen zu können, damit die Vorauszahlungen die wirtschaftliche Situation der steuerpflichtigen Person realistisch widerspiegeln
  • Soweit gesetzlich zulässig, der steuerpflichtigen Person die Möglichkeit geben, einen Abzahlungsplan zu beantragen

3.7 Rechtsmittelverfahren

  • Ergreifung eines Rechtsmittels hat keinen Einfluss auf das Verhalten der Steuerverwaltung im Umgang mit der steuerpflichtigen Person bei der Beurteilung von anderen Sachverhalten
  • Rechtsschriften sind prägnant und konzis zu verfassen