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Verwandten-Unterstützungspflicht

Verwandten-Unterstützungspflicht

Wer seinen Lebensbedarf nicht selbst verdienen kann, hat Anspruch auf Unterstützung durch nahe Verwandte (ZGB 328 + ZGB 329).

#Diverses

27.5.2024
4 min
Text: Hans Schoch,
Bilder: Roland Siegenthaler

Erforderliche Kriterien

  • Verwandtschaftsverhältnis in gerader Linie, d.h. Eltern sind für ihre erwachsenen Kinder und die Kinder für ihre Eltern unterstützungspflichtig. Diese Pflicht kann sich auch auf Enkel und Urenkel resp. auf Grosseltern und Urgrosseltern ausweiten. Gibt es mehrere Pflichtige, richtet sich die Pflicht nach der Erbfolge.
     
  • Die berechtigte Person ist in einer objektiven Notlage, d.h. sie kann sich den notwendigen Lebensunterhalt nicht selbst erarbeiten und bekommt keine oder nicht genügend Fremdhilfe (Versicherungsleistungen usw.). Dabei spielt es keine Rolle, ob die Notlage selbst verursacht worden ist.
     
  • Die Pflichtigen leben in günstigen finanziellen Verhältnissen (siehe unten).
     
  • Der Unterstützungsbeitrag ist für die Pflichtigen zumutbar, d.h. es werden bei der Prüfung zusätzlich auch menschliche Aspekte berücksichtigt (Angemessenheit). So kann das Gericht z.B. bei einem jahrelangen Kontaktverzicht die Pflicht verneinen.

Günstige Verhältnisse – was heisst das?

Günstige Verhältnisse bedeuten Wohlstand, d.h. das Jahreseinkommen (inkl. einem nach Alter abgestuften Vermögensanteil) sowie das Vermögen liegen höher als:

  Einkommen Vermögen
Ehepaare * 180'000 500'000
Alleinstehende 120'000 250'000
Zuschlag pro Kind 20'400 40'000


* Werden Eltern sozialhilfeberechtigt, so kann grundsätzlich nur auf das Einkommen des eigenen Kindes zurückgegriffen werden. Da jedoch das Einkommen und Vermögen beider Ehepartner darüber entscheidet, ob sie in günstigen Verhältnissen leben, sind indirekt trotzdem beide Einkommen relevant.

Werden die günstigen Verhältnisse bejaht, wird in einem zweiten Schritt geprüft, welches Einkommen die effektiv in gerader Linie verwandte Person erzielt. Die Finanzen von Verschwägerten bleiben auf diese Weise unangetastet.

Beispiel alleinstehende Person (40-jährig)

Steuerbares Jahreseinkommen
+ anrechenbares Vermögen
(750'000 - 250'000 =
500'000 davon 1/50)
140'000
+10'000

 
= Total anrechenbares Einkommen
- Pauschale für gehobene Lebensführung
150'000
-120'000
= massgebendes Total 30'000
= Verwandtenunterstützung
(30'000 : 2)
15'000
 


-> Diese Person muss jährlich CHF 15’000 an Unterstützung bezahlen, d.h. CHF 1'250 je Monat

Beispiel Ehepaar (beide über 65)

Steuerbares Jahreseinkommen
+ anrechenbares Vermögen
(2'000'000 - 500'000 =
1'500'000 davon 1/20)
150'000
+75'000

 
= Total anrechenbares Einkommen
- Pauschale für gehobene Lebensführung
225'000
-180'000
= massgebendes Total 45'000
= Verwandtenunterstützung
(45'000 : 2)
22'500
 


-> Dieses Ehepaar muss jährlich CHF 22’500 an Unterstützung bezahlen, d.h. CHF 1'900 je Monat

Geltendmachung der Unterstützungspflicht

Jeder, der Sozialhilfe beziehen will, muss Name und Adresse seiner Verwandten in auf- und absteigender Linie bekanntgeben, sonst wird ihm die Hilfe verweigert. Die Sozialbehörde kontaktiert anschliessend die Verwandten und stellt ihre finanziellen Verhältnisse fest.

Die Sozialbehörde darf nur denjenigen Sozialhilfebetrag, den sie zukünftig ausrichtet, von den Verwandten verlangen und rückwirkend nur für maximal ein Jahr.

Die Anwendungspraxis richtet sich nach den Leitplanken der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (Skos).

Fazit

Der behördlich errechnete Unterstützungsbetrag ist als Vorschlag an die Verwandten zu verstehen. Gibt es keine Einigung, müssen die Parteien verhandeln und allenfalls schlussendlich das Gericht entscheiden lassen.

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