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Stolperstein: Mehrwertsteuerpflicht bei der Firmengründung

Stolperstein: Mehrwertsteuerpflicht bei der Firmengründung

Immer wieder stellt sich bei Firmengründern die Frage, ab welchem Zeitpunkt die Mehrwertsteuerpflicht beginnt, respektive ab wann gemeldet und bezahlt werden muss.

#Steuern & MwSt#Buchhaltung, Kalkulation & Revision#Startups & Unternehmerisches

7.5.2024
4 min
Text: Hans Schoch,
Bilder: Carmen Zumsteg

Vorab ein Gerichtsentscheid vom 10.08.2022

Der Fall

Eine X-GmbH übte seit dem 2. Juli 2014 eine Beratungstätigkeit aus. Der Fragebogen zur Abklärung der Mehrwertsteuerpflicht wurde von der X-GmbH erst am 3. Juli 2019 eingereicht, lagen doch die Umsätze bisher unter der Grenze von CHF 100'000, nämlich:

2014 CHF 78’500
2015 CHF 65’500
2016 CHF 97’439
2017 CHF 87’585
2018 CHF 99’180

Die Eidgenössische Steuerverwaltung ESTV trug danach die X-GmbH per 2. Juli 2014 (bis 31. Dezember 2015) ins Register der Mehrwertsteuerpflichtigen ein und stelle nachträglich die geschuldete MWST inkl. Verzugszinsen in Rechnung. Die X-GmbH bestritt diese Steuerpflicht. Das Bundesverwaltungsgericht bestätigte am 10.08.2022 jedoch die Richtigkeit der MWST-Pflicht und damit auch der unerfreulichen MWST-Nachzahlung

Und hier kommt der Stolperstein

Vorliegend hat die X-GmbH in den ersten drei Monaten nach Aufnahme ihrer Geschäftstätigkeit einen Umsatz von CHF 30’000 verbucht. Umgerechnet auf 12 Monate ergaben dies demnach rein rechnerisch CHF 120'000 – die Umsatzgrenze war überschritten und die Steuerpflicht gegeben!

Zur Erinnerung

Die Steuerpflicht beginnt:

  1. für Unternehmen mit Sitz im Inland:
    mit der Aufnahme der unternehmerischen Tätigkeit

    Indizien für die Aufnahme der Tätigkeit sind z.B.:
    - Handelsregistereintrag einer juristischen Person
    - Errichtung der Statuten eines Vereins
    - Erstellen eines Gesellschaftervertrags für eine einfache Gesellschaft
     
  2. für alle anderen Unternehmen:
    mit dem erstmaligen Erbringen einer Leistung im Inland

Von der Steuerpflicht ist befreit, wer

  1. im In- und Ausland einen Jahresumsatz von weniger als CHF 100'000 aus Leistungen erzielt, die nicht gemäss Art. 21 MWSTG von der Steuer ausgenommen sind;
     
  2. als nicht gewinnstrebiger, ehrenamtlich geführter Sport- oder Kulturverein oder als gemeinnützige Organisation im In- und Ausland einen Jahresumsatz von weniger als CHF 250‘000 aus Leistungen erzielt, die nicht gemäss Art. 21 MWSTG von der Steuer ausgenommen sind.

Achtung: Die Umsatzlimite bemisst sich nach vereinbarten Entgelten exkl. MWST.

Die Steuerpflicht endet:

  1. für Unternehmen mit Sitz im Inland:
    mit der Beendigung der unternehmerischen Tätigkeit
    mit Abschluss des Liquidationsverfahrens
     
  2. für alle anderen Unternehmen:
    am Schluss des Kalenderjahres, in dem letztmals eine Leistung im Inland erbracht wird
     
  3. Beim Unterschreiten der massgebenden Umsatzlimiten:
    frühestens auf Ende des Kalenderjahres, in dem die massgebenden Umsatzlimiten nicht mehr erreicht wurden und zu erwarten ist, dass die Umsatzlimiten auch in der folgenden Steuerperiode nicht mehr erreicht werden.

Beginn

Wenn bei Aufnahme der Geschäftstätigkeit keine schlüssige Beurteilung darüber möglich ist, ob die Betragsgrenzen überschritten werden, ist spätestens nach Ablauf von drei Monaten eine erneute Beurteilung wie folgt vorzunehmen:

Zahlungseingänge der ersten drei Monate
+ Rechnungen (offene Debitoren)
+ noch nicht fakturierte angefangene Arbeiten
= Totalbetrag x 4 = massgebender Umsatz für die Steuerpflicht

Wenn aufgrund der Neubeurteilung anzunehmen ist, dass die Umsatzgrenze überschritten wird, endet die Befreiung von der Steuerpflicht wahlweise

- rückwirkend mit der Aufnahme der Geschäftstätigkeit (freiwillig)
oder
- mit dem Beginn des vierten Monats (obligatorisch)

An- / Abmelden

Vorgehen beim Anmelden

- Anmeldung innert 30 Tagen nach Beginn der Steuerpflicht (unaufgefordert)

- Einreichen des elektronischen Fragebogens (elektronische Eingangsbestätigung durch ESTV)

- Eintragung ins MWST-Register (wird von der ESTV unter Bekanntgabe der MWST-Nr. bestätigt)

Vorgehen beim Abmelden

- elektronische Abmeldung an die ESTV innert 30 Tagen seit der Beendigung der unternehmerischen Tätigkeit respektive seit dem Ende der Steuerperiode (spätestens nach Abschluss des Liquidationsverfahrens)

- elektronische Abmeldung an die ESTV innert 60 Tagen nach Ende der Steuerperiode beim Unterschreiten der massgebenden Umsatzlimiten

Achtung: Wird die Abmeldung bei weiterbestehenden Unternehmen unterlassen, geht die ESTV von einem Verzicht auf die Befreiung von der Steuerpflicht aus.

Das Fazit

Die X-GmbH hätte sich also 3 Monate nach Gründung anmelden und nach Ende des ersten kurzen Geschäftsjahres wieder abmelden müssen.

Wer wegen Unterschreiten der Umsatzgrenze nicht steuerpflichtig ist, muss regelmässig überprüfen, ob seine Firma später steuerpflichtig wird. Umgekehrt gilt: Unterschreitet man die Umsatzgrenze wieder, nachdem man schon mehrwertsteuerpflichtig war, so muss man sich bei der ESTV wieder abmelden.

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