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Kennen Sie das Buch «Mein Onkel, der Millionär» von Kurt Tucholsky? Darin erfährt ein Mann, dass er ein grosses Vermögen erbt – allerdings nur, wenn er ein Jahr lang im gleichen Zimmer wie ein sprechender Papagei lebt… Solche Geschichten gibts nicht nur fiktiv im Buch oder Film. In Testamenten werden mitunter skurrile Bedingungen ans Erben geknüpft: Frau Huber möchte, dass ihre Katze ihr Vermögen erbt. Herr Müller will, dass sein Sohn nur erbt, wenn er sein Grab pflegt. Und Herr Schneider macht fürs Erben zur Bedingung, dass sein Neffe zur Sitzung beim Willensvollstrecker im Anzug erscheint. Solche Anordnungen heissen «privatorische Klauseln». Aber sind sie auch zulässig? Schauen wir genauer hin!
Wenn jemand sein Testament verfasst, möchte er natürlich, dass die gemachten Anordnungen nach seinem Tod auch beachtet werden. Solche Anordnungen können zum Beispiel Teilungsvorschriften, Erbeinsetzungen, Vermächtnisse oder anderes sein. Damit die Anordnungen offiziell werden, werden oft privatorische Klauseln eingesetzt. Die privatorische Klausel legt fest, unter welchen Bedingungen die Erben das Erbe antreten dürfen. Falls die Erben sich nicht entsprechend verhalten, können sie auf den Pflichtteil gesetzt werden oder sie verlieren ihre Ansprüche ganz.
Bei der privatorischen Klausel werden zwei Arten unterschieden:
Grundsätzlich sind privatorische Klauseln gültig. Ausser, sie verstossen gegen das Recht oder gute Sitten, führen zu rechts- oder sittenwidrigen Inhalten oder hindern den Begünstigten daran, die gesetzlichen Rechte wahrzunehmen.
Beispiel einer unzulässigen Klausel: «Ich vermache meinem Sohn mein Vermögen. Allerdings nur unter der Bedingung, dass er der Glaubensgemeinschaft ‹Anhänger der guten Laune› beitritt.» Diese Klausel würde gegen die Religionsfreiheit verstossen.
Oder diese hier, ebenfalls unzulässig: «Im Anfechtungsfall entziehe ich meiner Tochter ihren pflichtteilsgeschützten Erbanteil.»
STT-Tipp: Privatorische Klauseln sollen massgeschneidert sein. So werden Unsicherheiten und Konflikte vermieden.
Möchten Sie in Ihrem Testament eine privatorische Klausel integrieren? Wir wissen, was möglich ist und helfen beim Formulieren.
1. Fall: Herr Müller hält in seinem Testament fest, dass sein Sohn nur erbt, wenn er einmal im Monat sein Grab besucht und frische Vergissmeinnicht niederlegt.
So nicht! Zwar kann man sich wünschen, dass das eigene Grab einigermassen hübsch aussieht. Aber man kann niemanden zwingen, sein Grab zu pflegen. Denn jeder hat die Freiheit und das Recht, so zu trauern, wie er möchte. Es wäre unzumutbar, den Erbanspruch an solche Bedingungen zu knüpfen. Der Sohn könnte sein Erbe auch antreten, wenn er jede Woche Tulpen bzw. gar keine Blumen aufs Grab legen würde.
STT-Tipp: Mit den Erben vorbesprechen, wie man beerdigt werden möchte – und was einem bei der Grabpflege wichtig ist.
2. Fall: Frau Huber liebt ihre Tiger-Katze über alles. Und sie will, dass ihr Tigi ihr ganzes Vermögen erbt.
So nicht! Tiere sind zwar zum Glück längst keine Sache mehr. Aber als Erben eingesetzt werden können sie nicht.
STT-Tipp: Frau Huber kann zu Lebzeiten einen Treuhänder bestimmen, der sich um die Verwaltung ihres Vermögens und um das Wohl von Tigi kümmert. Für die Pflege der Katze kann ihr Vermögen selbstverständlich eingesetzt werden.
3. Fall: Herr Baumgartner möchte in seinem Testament festhalten, dass seine Tochter nur erbt, wenn sie das Familienunternehmen führt – für mindestens zehn Jahre.
So nicht! Bei allem Verständnis für Herrn Baumgartner und seinen Wunsch, sein Lebenswerk in guten Händen zu wissen: Niemand kann gezwungen werden, einen bestimmten Beruf auszuüben. Die Freiheit, berufliche Entscheidungen selbst zu treffen, ist gesetzlich geschützt.
STT-Tipp: Es gibt viele Möglichkeiten, die Firmennachfolge zu regeln. Und das muss nicht immer eine familieninterne Lösung sein.
1. Fall: Herr Schneider legte sein Leben lang Wert auf ein gepflegtes Äusseres – ausgelatschte Schuhe, zerschlissene Jeans und ausgebeulte Vestons waren ihm ein Gräuel. Er hält deshalb in seinem Testament fest, dass sein Neffe sein Erbe nur antreten dürfe, wenn er in einem Anzug mit Hemd und Krawatte zur Sitzung beim Willensvollstrecker erscheine.
Das geht! Bestimmungen, die das äussere Erscheinungsbild von Personen an bestimmten Anlässen definieren, sind im Testament zulässig. Die Bedingung ist schliesslich einfach zu erfüllen und gilt nicht als unzumutbar.
STT-Tipp: Den gekauften Anzug bei besonderen Anlässen tragen und humor- und liebevoll an den Verstorbenen denken.
2. Fall: Frau Villigers Familiengeschichte ist in ihren Augen erzählenswert. Sie hält deshalb in ihrem Testament fest, dass ihr Bruder sein Erbe nur erhält, wenn er ein Buch über die Familie schreibt.
Das geht! Hier handelt es sich um eine zulässige Bedingung, sie ist nicht unzumutbar. Klauseln, die einen gewissen persönlichen Beitrag verlangen, sind rechtlich meistens legal. Wenn Frau Villiger zusätzlich vermerken würde, dass die Familien-Saga mindestens 800 Seiten umfassen müsse, wäre allerdings die Freiheit ihres Bruders stark eingeschränkt und die Sache würde anders ausschauen …
STT-Tipp: Sinnvoller ist, eine solche Aktion zu Lebzeiten (oder im Testament) als Herzenswunsch zu formulieren und nicht als rechtlich anfechtbare Bedingung.
3. Fall: Herr Fröhlich mags spannend. Er schreibt deshalb in seinem Testament nieder, dass seine Erben an der Testamentseröffnung per Los Gegenstände aus seinem Nachlass ziehen.
Das geht! Solange der restliche Nachlass rechtlich korrekt aufgeteilt wird, ist die Verlosung einzelner Gegenstände zumutbar.
STT-Tipp: Wenn die Erben nach der Verlosung die Gegenstände untereinander tauschen, ist dies ebenfalls rechtlich in Ordnung.
Privatorische Klauseln im Testament sind nicht immer so humorvoll wie die oben genannten Beispiele. Viele Bedingungen sind zwar gesetzlich zulässig, andere aber überschreiten ganz klar Grenzen. Wenn Klauseln kreativ und humorvoll formuliert sind, finden sie bei Erben aber meistens ein offenes Ohr – und zaubern ihnen manchmal sogar ein Lächeln ins Gesicht.
Für komplexe Wünsche und Anliegen unbedingt rechtlichen Rat einholen. Wir helfen weiter.
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