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Adventskalender vor Gericht

Adventskalender vor Gericht

Lieben Sie Adventskalender? Ganz bestimmt damals, als Sie noch mit leuchtenden Augen jeden Morgen das neue Türchen öffnen durften. Auch die Eidgenössische Steuerverwaltung MWST liebt Adventskalender – aber auf ganz andere Weise.

#Steuern & MwSt

22.12.2024
4 min
Text: Hans Schoch,
Bilder: Carmen Zumsteg, (pixabay, Nikin)

Der Fall

Eine Firma verkauft unter anderem Adventskalender, gefüllt mit feinen Müesli-Dosen. Lebensmittel werden ja bekanntlich zum reduzierten MWST-Steuersatz (heute 2,6%) abgerechnet, Kalender hingegen zum höheren Normalsatz (heute 8,1%). Die Firma gelangte mit einer Anfrage betreffend Steuersatz an die MWST und erhielt die Antwort, dass es sich bei einem Adventskalender um ein unteilbares Ganzes handeln würde und der Kalender im Vordergrund stünde. Deshalb müsse der ganze Adventskalender inklusive aller Müesli zum höheren Normalsatz abgerechnet werden.

Die steuerpflichtige Firma entgegnete, dass bei ihr nicht der Adventskalender, sondern der Inhalt in Form von Müesli-Dosen im Vordergrund stehe. Deshalb sei doch der wesentlich günstigere Steuersatz anzuwenden. Die Firma war voller Hoffnung auf positiven Bescheid aus Bern. Doch die MWST informierte vorerst die Steuerpflichtige darüber, dass sie ihre MWST-Abrechnungen der letzten fünf Jahre unter die Lupe nehmen würde.

Kurz darauf flatterten fünf Ergänzungsabrechnungen für die vergangen Jahre ins Haus und die MWST forderte von der Steuerpflichtigen Mehrwertsteuern in der Höhe von vielen tausend Franken aufgrund der Steuersatzdifferenzen nach.

Die Behörde hielt daran fest, dass die von der Steuerpflichtigen zum reduzierten Steuersatz abgerechneten Adventskalender, bestehend aus dem Kalender mit 24 Türchen, hinter welchen sich 24 Müesli «verstecken», ein einheitliches unteilbares Ganzes bilden würden, und deshalb nach dem Charakter der Gesamtleistung zu behandeln und somit zum hohen Normalsatz zu versteuern seien.

Die Einsprache

Auch eine Einsprache der Firma gegen diese Steuersatzdifferenz-Forderung blieb erfolglos, denn die MWST wies sie endgültig mit der Begründung ab, aus Sicht des Konsumenten stehe der Adventskalender mit seinem Überraschungseffekt und nicht die Müesli im Vordergrund.

Die Firma liess sich dies nicht gefallen und gelangte mit einer Beschwerde ans Bundesverwaltungsgericht. Sie betonte nochmals, der Kunde kaufe vorliegend nämlich Müesli und nicht einen Adventskalender.

Bundesverwaltungsgericht analysierte

Das Bundesverwaltungsgericht analysierte den Fall und bemerkte: Im Mehrwertsteuerrecht stelle jede einzelne Leistung grundsätzlich ein selbständiges Steuerobjekt dar, d.h. voneinander unabhängige Leistungen werden selbständig behandelt. Leistungen, die miteinander verbunden seien, würden mehrwertsteuerlich jedoch dann als einheitlicher wirtschaftlicher Vorgang betrachtet, wenn sie wirtschaftlich derart eng zusammengehören und ineinandergreifen, dass sie entweder ein unteilbares Ganzes bilden oder dass sie zueinander im Verhältnis einer Hauptleistung mit akzessorischer Nebenleistung stehen würden.

Die Hauptleistung stelle dabei den eigentlichen Kern des Leistungskomplexes dar. Nicht massgebend seien die Wertverhältnisse der einzelnen Leistungen. Welche Konstellation – Gesamtleistung oder Haupt- mit Nebenleistung – im konkreten Einzelfall anzunehmen sei, beurteile sich in Anwendung der wirtschaftlichen Betrachtungsweise, welche der zivilrechtlichen Beurteilung vorgehe. Zudem sei diese Frage primär aus der Sicht des Verbrauchers, d.h. des Leistungsempfängers, zu beantworten. Massgeblich sei die allgemeine Verkehrsauffassung einer bestimmten Verbrauchergruppe. Der subjektive Parteiwille sei sekundär.

Auch die Art und Weise der Fakturierung sei für die Qualifikation nicht entscheidend. Die Teilkomponenten einer Gesamtleistung können etwa nicht einzig dadurch verselbständigt werden, dass sie in der Rechnung des Leistungserbringers gesondert ausgewiesen und selbständig versteuert würden.

Insgesamt wären vorliegend der «weihnachtlich bedruckte Kartonkalender» sowie die in einzelne Portionenbecher verpackten «Müesli», welche einen Überraschungseffekt vermitteln, als Leistungskomponenten untrennbar miteinander verbunden. Sie würden eine Leistungseinheit bilden, welche mehrwertsteuerrechtlich nicht in ihre einzelnen Komponenten zerlegt werden dürfe. Die einzelnen Teile stünden in einer derart engen Verbundenheit, dass sie untrennbare Komponenten der Gesamtleistung verkörpern. Sowohl der «weihnachtlich bedruckte Kartonkalender» als auch die 24 in einzelne Portionenbecher verpackten «Müesli» stellen unabdingbare Wesensbestandteile des «Müesli-Adventskalenders» dar; fehle einer der beiden Bestandteile, handle es sich nicht mehr um das Leistungspaket «Müesli-Adventskalender». So sprachen die Richter.

Das Urteil

1. Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. Die Verfahrenskosten in Höhe von Fr. 3‘000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3. Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen. 

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